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Stuttgart-Möhringen, Martinskirche

Neue Klais-Orgel auf den Fildern

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Unser neues Instrument für die Möhringer Martinskirche ist trotz Corona-bedingter Beschränkungen rechtzeitig fertig geworden. Die festliche Einweihung fand am 5. Juli 2020 statt. Das Einweihungskonzert mit Prof. Jens Wollenschläger, 2006 bis 2014 selbst Kantor an der Martinskirche, demonstrierte den ganzen Farbenreichtum der neuen Orgel, die sich an der schwäbischen Frühromantik orientiert. 

 

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Bernd Reinartz (Co-Intonateur) und Philipp Klais schreiben dazu in der Festschrift:

 

Jede Orgel steht in einem eigenen kulturellen Umfeld, in einer eigenen Sprachlandschaft. Es ist in Orgelkreisen kein Geheimnis, dass der Klang historischer Orgeln einen deutlichen Bezug zum Dialekt der Region, in der sie erbaut wurde, nimmt. Die Herkunft bzw. ihre neue Heimat verleugnet auch das neue Möhringer Orgelwerk nicht, spätestens, wenn man ihr deutlich anhört, dass sie "schwätzt", ihr Klang sich also an der Sprachmelodie der Region orientiert. Um das Herz der Zuhörer zu erreichen, ist es uns wichtig, darüber hinaus die orgelbaulichen Traditionen dieser Region in der Orgel nachklingen zu lassen.

 

Während die meisten bei "Schwaben" an Schlagwörter wie Autoindustrie, Sparsamkeit, Kehrwoche und die ein oder andere Gaumenfreude denken, ist das ehemalige König­reich Württemberg für uns Orgelbauer die zentrale Achse für den frühromantischen Orgelbau in Süddeutschland.

 

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Neben den Dichter- und Denkerfürsten, die es über das "Ländle" hinaus zu posthumen Weltruhm gebracht haben, hat der Name des berühmten Ludwigsburger Orgelbauers Eberhard Friedrich Walcker einen besonderen Wohlklang in der Orgelwelt. Während man in der Region Schwaben mitunter ganz selbstbewusst vom "Musterländle" spricht, lohnt es sich auch für uns Rheinländer, einen kurzen Blick in seine Lebenszeit zu werfen: Im 19. Jahrhundert mausert sich das Schwabenland zu einem Nährboden für Geistesgrößen aller Couleur.

 

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Schon namhafte Vorschaffende wie Johann Michael Schmahl in Heilbronn oder Johann Adam Ehrlich in Wachbach bei Bad Mergentheim hatten diese Klangästhetik in ihren Werken etabliert. Diese "Klanggebäude", welche sich für den heutigen Menschen schon unvorstellbar farbenreich und mit prächtiger Opulenz präsentiert haben, müssen auch den jungen Walcker tief beeindruckt haben. Während die Dichterfürsten seiner Zeit es verstanden, mit Worten zu malen, brachte Walcker es mit Tonmalerei in allen Schattierungen zu Weltruhm.

 

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Um nur ein Merkmal und damit zugleich das klangliche Fundament der neuen Möhringer Orgel zu beschreiben, belebt Walcker die seit dem 17. Jahrhundert in Süddeutschland bekannte Praxis zur Verwendung der sogenannten "unterschiedlichen Orgelstimmen" (verschiedenste Klangfarben bei gleicher Tonhöhe) neu und misst ihr allergrößte Bedeutung zu – ein für den Orgelbau epochales Klangmerkmal!

 

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Die wenigen, noch gut erhaltenen Instrumente Walckers stehen heute neben anderen Instrumenten Pate für die neue Möhringer Klais-Orgel. Die im Vorfeld des Baus unternommenen Studienreisen an richtungsweisende Instrumente führten uns daher nicht selten nach Schwaben. Mit der Einweihung der Orgel versuchen wir den Kreis zu den großen Denkern und Orgelschaffenden zu schließen.

 

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Maultasche ist Maultasche!

An dieser Stelle schreit der schwäbische Gourmet laut auf; weiß er doch genau, dass einzig und allein der Metzger seiner Wahl (oder natürlich er selbst) die besten Maultaschen macht!

 

Sind die Zutaten freilich näherungsweise immer die gleichen, so ist das unterschiedliche Würzen die Komposition für den Geschmack. Für den Klang der neuen Orgel bedeutet dieser Vergleich, dass sie zwar nach höchsten handwerklichen Standards gefertigt wurde, aber meilenweit davon entfernt ist, lediglich musikalischer Standard zu sein.

 

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Dieser rote musikalische "Safranfaden" zieht sich durch das gesamte klangliche Konzept des neuen Instrumentes, welches wir für den Filderdom erbauen durften. Es gibt dem Organisten in Form ihrer Register Gewürze an die Hand, um die Klänge immer neu zu formen und zu beleben.

 

Die neue Möhringer Orgel greift uralte Traditionen im süddeutschen Orgelbau auf und interpretiert sie auf ihre Art neu. Wie die Maultasche hat sie ein altes Rezept, aber was wäre die Maultasche ohne abgeschmälzte Zwiebel – hier schweigt selbst der Dichterfürst.

Mit Dankbarkeit und Freude übergeben wir eine gut gewürzte Orgel der Möhringer Gemeinde, die mit der Entscheidung für dieses besonders spannende klangliche Konzept vortrefflichen Geschmack bewiesen hat.

 

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Der Kantor der Martinskirche, Leonhard Völlm, hat die Montage filmisch begleitet und vier virtuelle Orgelführungen zusammengestellt, die wir Ihnen an dieser Stelle präsentieren möchten.

 

Teil 1 vom 14. April 2020:

 

Teil 2 vom 24. April 2020:

 

Teil 3 vom 04. Juni 2020:

 

Teil 4 vom 26. Juni 2020:

 

Termine für weitere Konzerte finden Sie in unserem Veranstaltungskalender und auf der Website der Gemeinde.

 

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zur Disposition…