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Brügge/B, Sint-Salvatorkathedraal

Guter alter Wein in nagelneuem Schlauch

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In der Folge der Welstausstellung 1930 im belgischen Antwerpen kam es zu einer ganzen Reihe von repräsentativen Neubauten in Belgien. Den Grundstein dafür legte der tiefgreifende Umbau der Orgel des Lemmensinstituts in Mechelen, der unter Mitwirkung des jungen Flor Peeters zustande kam. Nach den großen Orgeln in Antwerpen Krist-Koning und Tongerloo Norbertinerabdij gipfelte diese Serie in den Kathedralorgeln in Gent und Brügge 1935 und '36.

 

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Die Geschichte der Brügger Orgel reicht weit zurück. 1717-19 erbaute Jacob van Eynde aus Ypern sein größtes Werk für die Salvator-Kathedrale. Das Instrument im Süd-flämischen Stil, einer markanten Vermischung des niederländischen und französischen Barocks, fand seinen Platz auf dem Lettner von 1682, der den Chorraum von der Vierung trennte.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge10.jpgZustand 1719-1935

Der damaligen liturgischen Musizierpraxis folgend, war das Instrument nach beiden Seiten orientiert: während der Prospekt des Hauptwerkes zum Schiff zeigt, sitzt der Organist hinter dem chorseitigen Rückpositiv. Da den Lettner zur Vierung hin die heute noch vorhandene Plastik Gottvaters ziert, hatte das Untergehäuse eine sehr hohe prospektlose Front.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge00.jpgZustand 1935-2019

1935 versetzte man den Lettner vor die Turmwand des Schiffes, um den Chorraum zu öffnen. Diese Maßnahme und eine veränderte Musizierpraxis machten die Orgelfrage aktuell. Unsere Werkstatt erhielt den Auftrag, unter Verwendung des historischen Gehäuses eine neue, der Größe und Wichtigkeit der Kathedrale angemessene Orgel zu schaffen.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge04.jpgseit 2022

Zu diesem Zweck wurde oberhalb der Lettnerebene auf einem Stahlrahmen eine neue Holzempore eingezogen. Auf dieser kam der größte Teil der neuen Orgel zu stehen. Das ehemalige Rückpositiv wurde in das vorhandene Untergehäuse integriert. Zu beiden Seiten wurden stilistisch angepasste Pedaltürme ergänzt. Das Unterwerk wurde aufgeteilt in ein klassisches Positiv hinter dem Rückpositivpropekt und fünf Grundstimmen in einem eigenen kleinen Schwellkasten im Hintergrund der Lettnerebene zur Chorbegleitung. Auf dem Lettner kam auch der elektrische Spieltisch zu stehen.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge01.jpgder überarbeitete Spieltisch

Mehrere Veränderungen durch die Werkstatt Loncke führten im Laufe der Jahre vor allem zum Ersatz der originalen Kegelladen durch Schleifladen. Spätestens ab der Jahtausendwende war eine weitere Überarbeitung unumgänglich.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge05.jpgBovenwerk (Schwellwerk)

In der Folge kam der Wunsch auf, die van-Eynde-Orgel in ihrer originalen Form wieder erstehen zu lassen. Zu diesem Zweck wurde an der Schnittstelle von Chorumgang und südlichem Querhaus eine neue Empore abgehängt. Die benachbarte Chororgel aus den 50er Jahren wurde entfernt. So wurde offensichtlich, dass man auch die Hauptorgel angehen musste, da sie aller historischen Gehäuseteile und Prospektpfeifen verlustig ging.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge06.jpgMiddelwerk (Hauptwerk)

Schließlich entschloss man sich zu einem technischen Neubau in einem neuen und neu gestalteten Gehäuse – Entwurf: Tom Vinckier, Vermeersch Architecten, Brügge – unter Verwendung der 1935 ergänzten Prospektpfeifen des Pedals und nahezu aller originalen Innenpfeifen von Klais. Die Sachberatung lag bei OSV Jef Braekmans. Die Disposition wurde unter Rückgriff auf Mensuren von 1935 um wenige als wichtig erachtete Stimmen ergänzt.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge07.jpgMiddelwerk, in der Bildmitte die in sich gekröpften ('haskelled') Becher der 16'-Zunge mit voller Länge

Der überarbeitete und an die neuen Gegebenheiten angepasste Spieltisch steht nun mittig in einer Nische des Untergehäuses. Der neue Prospekt, der sich eng an die Aufteilung des Prospektes von 1935 anlehnt, zeigt den inneren Aufbau des Instrumentes deutlich: über dem Spieltisch das Onderwerk (hinter dem Prospekt im Schwellkasten), darüber das Middelwerk, und zu oberst das nun größere Bovenwerk, dies alles flankiert vom Pedal (Voetwerk).

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge08.jpgOnderwerk

Die Intonation von 1935 wurde beibehalten, wo zwischenzeitlich verändert rekonstruiert. Die ergänzten Register fügen sich nahtlos in das Klangbild der Orgel, das durch die Ergänzungen eine wohltuende Erweiterung in den symphonischen Bereich erfahren hat. Am 6. Dezember 2022 erfolgte die Übergabe des fertigen Instruments. Die offizielle Einweihung wird im Frühjahr 2023 erfolgen, wenn die Temperaturen in der Kathedrale ein wenig angenehmer sein werden.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Brugge_Kathedraal/Brugge09.jpgVoetwerk (Pedal) C-Seite

zur Disposition…