Passau/DE, Dom
Auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt
Wie vor einiger Zeit angekündigt (siehe damaligen Beitrag), geht es der Passauer Domorgel jetzt an den Kragen. Während die Berliner Kollegen von Karl Schuke Berliner Orgelbauwerkstatt mit der Reorganisation der Teilorgeln (Chor-, Evangelien-, Epistelorgel, Fernwerk sowie zwei ganz neue Bombardwerke in den Querschiffen) schon weit fortgeschritten sind, haben wir Anfang August 2023 mit dem Abbau der großen Hauptorgel auf der Empore begonnen. Mit einem Werk dieses Umfangs befasst man sich als Orgelbauer eher selten. Die 126 Register hinter dem historischen Egedacher-Prospekt werden bis auf wenige Pedalpfeifen vollständig ausgebaut und sortiert.
Praktisch alle Register, die aus der Steinmeyer-Orgel von 1927 noch übrig sind, sowie einige aus der Eisenbarth-Orgel von 1980 werden sorgfältig verpackt und zur Restaurierung bzw. Überarbeitung in die Werkstatt nach Bonn gebracht. Wir haben in unserer Pfeifenwerkstatt schon kräftig aufgeräumt, um für diese enorme Pfeifenmenge Platz zu schaffen! Die größten Pedalpfeifen mit bis zu 10 Metern Länge verbleiben auf der Empore und werden an Ort und Stelle restauriert werden.
Die sieben Meter langen Prospektpfeifen werden – wie auf den Bilder zu sehen – zwar ausgebaut, damit das Gehäuse gründlich restauriert werden kann, bleiben aber auch im Dom. Sie werden bis zur Überarbeitung stehend in einer Seitenkapelle gelagert.
Unterdessen ist die technische Planung der neuen Orgelanlage weitestgehend abgeschlossen. Eine wahrhaft heroische Aufgabe, müssen doch fast fünfzig Register mehr hinter der Prospektfront Platz finden als bisher! Und natürlich muss trotzdem jede Pfeife ausreichend Raum haben für eine freie und ungehinderte Aussprache. Und zur Stimmung erreichen muss man sie auch können.
Das ist nur möglich, weil in der neuen Orgel auf die mechanischen Trakturen von 1980 verzichtet wird. Die Musizierpraxis am Dom hat über die Jahre deutlich gemacht, dass deren Einführung nebst eigenem mechanischen Spielschrank für 77 Register eher der damals vorherrschenden Ideologie als der praktischen Notwendigkeit geschuldet war. Und da sich die reorganisierte Hauptorgel wieder mehr am Klangbild Steinmeyers orientieren soll, beschränkte man sich konsequent und weise auf die elektrische Traktur.
Es ist ein seltsames Gefühl, solch eine große Orgel ohne Spieltisch zu bauen. Denn die beiden neuen Generalspieltische – einer fahrbar im Schiff, einer wie bisher auf der Empore – werden von der Werkstatt Schuke geliefert. Dafür freuen wir uns umso mehr, dass wir nun doch im Passauer Dom arbeiten dürfen. Als es 1924 an einen Neubau ging, hatte auch unsere Werkstatt, zusammen mit der Münchener Werkstatt Siemann, ein Angebot eingereicht. Aber mit "nur" 114 Registern für Haupt-, Evangelien-, Epistel- und Fernorgel konnten wir uns gegen das Angebot Steinmeyers mit letztendlich 170 Registern nicht durchsetzen. Leider sind gegen Ende des Krieges alle Unterlagen aus dieser Zeit in unserer Werkstatt verbrannt.
Fotos vom Abbau: Markus Kornexl, Pressestelle des Bistums Passau